Konzertschau

Uzi & Ari | Immanu El - Duisburg, Steinbruch
3. März 2009

Draußen ist der harte Winter schon fast vorbei, nur die kühle Brise erinnert noch an die frostigsten Wochen seit langer Zeit. Drinnen, ist man sich sicher, ist es bei jedem Wetter gemütlich. Der Steinbruch in Duisburg führt mittlerweile ein durchaus beachtliches Konzertprogramm und lockt dann und wann interessante Geheimtipps in ihren schmucken Hinterraum. Der ist für die vermeintlich kleinen Namen am heutigen Abend mit sehr gut gefüllt. Bestimmt 70 Menschen stehen zeitweise vor der Bühne oder sitzen bei flackerndem Teelicht und KöPi an ihren Tischen auf einem Podest. Immanu El konnten schon bei ihrer Tour im letzten Herbst einige neue Liebhaber in Deutschland erschließen, und auch heute wirkt ihre Mischung aus Post-Rock-Verschlepptheit und schlicht kühler skandinavischer Verträumtheit wie man es erwartet. Klar, das mit dem Kopffilm ist nichts Neues. Aber wer bitte will da nicht die Augen schließen und über fantastische Landschaften fliegen, zwischendurch drei Wünsche frei haben und da ankommen, wo man schon immer sein wollte? Na also. Der erste Song gleich ein Zehnminüter, vielseitig, mit Ruhepunkten, gefühlsechten Streichern vom Band, Staccato auf der Snare und brüchigen Gitarrenwänden. Und dazwischen diese Stimme. Ein unvorbereiteter Konzertbesucher könnte da glatt auf die Idee kommen dem jungen blonden Schweden (wie sie, bis auf eine Ausnahme, allesamt junge blonde Schweden sind) ein Hütchen Mucosolvan zu reichen. Aber nein, diese vermeintlich dünne Stimme klingt so und soll so klingen. Immer im Versuch aus sich heraus zu gehen, immer mit kurzen Brüchen, kurzen Aussetzern, am Rande zum flüstern, schmerzbeladen und irgendwie wunderbar ehrlich. Demokratische und faire 60 Minuten haben Immanu El als Support um Kälte und Wärme im Steinbruch auszutauschen. Das gelingt ihnen ziemlich gut, und so hat man beim letzten Applaus fast schon Angst, dass die schüchternen Fünf zu sehr aufgeschreckt werden könnten. Uzi & Ari betreten zu sechst die Bühne und warten ebenfalls mit schüchternem Ducken zur Begrüßung auf, was sich jedoch schnell in selbstbewusste Spielfreude auflöst. Man fühlt sich an erinnert an Duplosteine erinnert, bevor sie zu vorgeformten Fertigbausätzen mutierten. Uzi & Ari nutzen sämtliche Farben und wissen scheinbar nicht immer, was denn am Ende herauskommen soll. Umso bunter, verquerer sind in der Folge die Bauwerke, und man möchte am liebsten sofort einziehen. Diesmal gibt’s echte Streicher, eine Zitter zum Tragen, ein Xylophon und die üblichen Verdächtigen. Die Gefahr, dass die Sechs in rein Kinderfolklore abdriften ist zum Glück nicht gegeben. Das verhindern unter anderem der mit zunehmender Zeit immer prägnanter werdende, traurige Touch in den kleinen und großen Geschichten auf Hof und Flur. Die Spannung wird dabei von Luftholen, Kaputttreten und wieder Aufbauen gehalten. Zwischendurch halten auch die durchweg sympathischen und meistens ziemlich witzigen Ansagen bei bester Laune. So ist es ein ständiges Wechselspiel von heller Glücklichkeit und schattiger Resignation vor den einfachen und schwierigen Beziehungen. Und so schließt sich der Kreis zum kaltwarmen Wetter zwischen Winter und Frühling. Das Schlucken und der Biss auf die Lippe inklusive. (Sven Riehle, eldoradio*)

Archiv aller Konzertberichte

radiobar