Besondere Umstände führten mich an diesem Septemberwochenende nach München. Keine Spekulation bitte, nein, es war nicht das Oktoberfest, auch wenn ich mich hiermit als Wiesn-Besucherin oute - oh mann, das geht echt gar nicht! Die Band im Bierzelt spielt echt nur Refrains, damit auch ja jeder mitsingen kann. Das ist gänzlich nüchtern nicht zu ertragen, also ein Maß bitte und rauf auf die Tische. Mitziehen oder gar nicht und gar nicht gibt´s nicht.
Nun ja, die Nacht gehörte jedenfalls nicht dem Oktoberfest, sie gehörte den Rifles. Die sollten heute im Münchner Atomic Café spielen, also Maß austrinken, runter vom Tisch und an Bierleichen vorbei Richtung Hofbräuhaus, dran vorbei und einmal links abbiegen, schon stehen wir vorm Atomic Café. Die Wegbeschreibung passte ja mal.
Die Rifles waren im Vorfeld bereits mit reichlichen Lorbeeren überschüttet worden, da konnten wir einiges erwarten. Offenbar dachten so noch einige mehr, denn der Tickethandel vor dem Laden florierte. Und die Ladys in Dirndl drinnen bewiesen, dass nicht nur wir vorher auf der Festwiese gewesen waren.
Das enorm schöne Atomic Café war an diesem Abend der klaustrophobiefreundlichste Platz in Bayern, sicher! Voll gepackt bis unter die rot gestrichene Decke wurde hier jeder Platz genutzt. Feindkontakt mit den Ausläufern der versnobbten Münchner Schickeria, die sich selbst bis hier her zog, ließ sich leider nicht vermeiden. Egal, das AUF der Bühne sollte mehr interessieren als das DAVOR. Bis auf dies vielleicht noch: die Bühne ist unglaublich niedrig, nur zwei Stufen höher als der Rest, also eine gemeine Stolperfalle, besonders wenn Leute zu Livesound tanzen und springen und nach vorne drängen. Zur Sicherheit von Band, Bühne und Publikum wurden also zwei Herren auf die Stufen vor der Bühne gesetzt und mussten unter vollem Körpereinsatz die Massen zurückhalten. Lustige Idee. =)
Den Auftakt gaben Five! Fast!! Hits!!!, als lokaler Act wohl mit dem Publikum vertraut und, für einen Support, ungewohnt redselig. Gut so! Hier muss der Hut vor dem Booker des Abends gezogen werden, denn selten hat eine Supportband so gut zum Headliner gepasst. Applaus! Nach Eigenaussage eine "dicke Band" mit "fettem Sound" spielten die Mopsmünchner ihrem Namen zu Recht. Naja, beinahe, denn es waren bestimmt mehr als nur fünf Songs, die die vier Jungs da auf die Bühne brachten, aber Hitpotential steckte drin. Selbst eine zwischenzeitlich verstimmte Gitarre (Zitat des Abends: "Wer eine Gitarre nicht spielen kann, kann sie auch nicht stimmen!" Raffi, Sänger und Gitarrist der Band) konnte hier niemanden aus der Fassung bringen.
Nach kurzer Umbaupause kamen die Rifles auf die Bühne. Beinahe unauffällig standen sie auf einmal da, vier schlumpige Londoner, einer mit Hut, mit einem Album in der Hinterhand, das hier heute live dargeboten jeden Einzelnen zum tanzen bringen sollte. Ich persönlich fand schon die Konservenversion stark, live war es dann nicht minder groß. Alles ein bisschen schneller, der britische Akzent noch charmanter und meine eigene Reaktion verhundertfacht im Publikum. Die schüchternen Lyrics kommen im Übrigen nicht von ungefähr, Exzentriker werden die Jungs wohl nicht mehr. Nicht dass sie sich nicht wie wahnsinnig über die Euphorie des Publikums freuen, nein, sie betonen ihren Spaß sogar mit der Aufforderung zu noch mehr Tanz. Aber sie sind eben Briten und da geht eben alles ein bisschen ruhiger zu. Ruhig ist allerdings relativ, denn wie ruhig kann man schon sein, wenn man von "Local Boy" über "She´s Got Standards" bis zur neuen Single "Piece and Quiet" beschallt wird? Oder von "When I´m Alone" oder "Narrow Minded Social Club"?
Das Set ist natürlich nur so lang wie ein Album sein kann, und da sich Smasher an Smasher reiht verfliegt die Zeit noch schneller. Dieses Konzert hatte keinen Tiefpunkt, genauso wenig wie das Album "No Love Lost". Der Zugabenblock der Setliste wird einfach direkt durchgespielt und zur tatsächlichen Zugabe spielten sie noch einen brandneuen Song, yeah! Lorbeeren verdient, der NME hatte mal wieder Recht. (Kristina Budde, eldoradio*)