Konzertschau

Ken (Radiokonzert) - Bochum, Bastion
18. Oktober 2005

Wie es bei den Bands aus Koblenz schon gute ist Sitte, ist lassen auch Ken an diesem Abend etwas länger auf sich warten und betreten mit 40 Minuten Verspätung die Bühne. Wobei die Wartezeit sowieso wie im Flug verging. Mehr noch: Als das Konzert dann endlich begann, viel es sogar schwer, sich von der zauberhaften Atmosphäre der Bastion abzuwenden und sich voll und ganz auf das Konzert zu konzentrieren.

Als Ken, denen Aydo aufgrund gleich zweier Veröffentlichungen in diesem Jahr klare Priorität vor seiner Erst-Band Blackmail gegeben hat, dann die Bühne betreten, sind die ersten beiden Drittel des Raumes gut gefüllt, nur dahinter verlieren sich die Gewinner der Exklusivkarten (insgesamt gut 150, etwas). Wenn man aber etwas weiter vorne steht, beträgt die gefühlte Zuschauerzahl aber keineswegs 150, sondern mindestens 500. Etwas erschöpft sehen die Jungs um Aydo anfangs ja schon aus, was aber egal sein kann, schließlich hat das noch niemanden gehindert ein gutes Konzert zu spielen. Und er erwarten darf man nach der gelungenen Tour im Mai ja einiges.

Dementsprechend ist auch der Start ins Konzert, ein dreifaches Ausrufezeichen nämlich, denn es beginnt gleichsam mit einem doppelten Opener. Den Anfang macht das sofort und ohne Ansage wütend drauf los gespielte "Black Phantom", Track Nummer eins des neuen Überalbums "Stop! Look! Sing Songs Of Revolutions!", mit dem Blackmail in diesem Jahr endgültig ihren künstlerischen Durchbruch geschafft haben. Es folgt "The Big Fib", Track Nummer eins des Debütalbums "Have A Nice Day". Ein Start also, wie er eindrucksvoller nicht hätte sein können.

Vor "Paniciss", wahrscheinlich der Song mit dem meisten Hit-Potential auf dem neuen Album, wendet sich Aydo dann auch das erste mal ans Publikum. Noch wirkt er in seinen Ansagen etwas sprach- und einfallslos, aber im Laufe des Abends wird sich das ändern und sich herausstellen, dass er eben doch ein großer Entertainer ist. Zwar vielleicht noch nicht so sehr, wie sein hoffnungslos im Sarkasmus verlorener Kollege Kurt Ebelhäuser (Blackmail/ Scumbucket), aber das kann schließlich alles noch kommen.

Es geht ausnahmslos weiter mit Songs aus "Stop! Look! Sing Songs Of Revolutions!", warum auch nicht, schließlich will man ja zeigen, welch ein fantastisches Werk man da Zustande gebracht hat. Allerdings wäre es wünschenswert gewesen, das ganze mit Songs aus dem ebenfalls in diesem Jahre erschienen Cover-Album "I Am Thief" aufzumischen, denn diese Platte ist ebenfalls ein Lichtblick bei den deutschen Veröffentlichungen in diesem Jahr.

Beim etwas ruhigeren "Wake City", dem siebten Song des Abends, fällt dann zum ersten auf, was man vorher aufgrund der Explosivität und Lautstärke der anderen Songs nicht bemerkt hatte. Hinten im Raum ist es sehr laut, die Stimmen der Zuschauer dort übertönen fast Aydos gerade in diesem Stück wundervolle Stimme.

Glücklicherweise geht es danach brachial weiter, und zum Schluss des regulären Sets bringen Ken mit "Eye (Eye)" aus ihrem Debütalbum das Gitarrenbrett überhaupt. Wem jetzt im Publikum nicht endgültig das Herz aufgeht, dem kann auch nicht mehr geholfen werden. Für die standesgemäße Zugabe haben sich Ken schließlich doch noch einen Song aus dem Coverwerk aufgehoben, nämlich "I Ran", im Original von A Flog Of Seagulls. Unheimlich filigran vorgetragen, ein perfektes Ende für ein schönes Konzert. Die Frage, ob Ken Blackmail inzwischen überholt haben, lässt sich aber indes auch leicht beantworten: Nein, aber sie sind nah dran, gleichzuziehen. (Felix Lammert-Siepmann, eldoradio*)

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