Kanye West - Am 27. Mai besuchte uns der bei Roc-A-Fella gesignte Künstler in der Live Music
Hall in Köln. Einlasszeit war 19.00 Uhr und natürlich stellte sich auch hier die Frage,
wann man idealer Weise die Location betreten sollte um nicht zuviel von der
(langweiligen?) Vorgruppe mitzubekommen, aber dennoch einen akzeptablen Platz
ergattern zu können. Eins vorweg, das Konzert war nicht ausverkauft von daher
sollte sich das Platzproblem gar nicht erst stellen. Und die Vorband? Dazu später
mehr.
Ich kam jedenfalls um acht in Köln an musste zunächst an den Türstehern vorbei –
ne Eintrittskarte hatte ich bereits, nur was kam dann? Leibesvisitation? Yes. Der Typ
vor mir wurde durchsucht worauf der Securitymann smilete, er hatte ein Päckchen
Gras gefunden. Anscheinend war das okay denn der Junge durfte passieren. Dann
kam ich dran. Er tastet mich ab und fragt: „Was ist das hier in der Jackentasche?!“
Meine Antwort: „Ein Köpfhörer.“ Er: „Wollen wir doch mal sehen!“ Er findet einen
Kopfhörer in meinem Parka und schaut mich fragend an: „Keine Pillen?! Den ganzen
Tag schon finde ich hier keine Pillen!“ Das muss sein absoluter Glückstag gewesen
sein – ich meine wann findet man schon mal KEINE Pillen auf einem Hip Hop
Konzert? Was mir noch besonderes aufgefallen ist: Es waren überhaupt keine
flippigen Jugendlichen da, mit bunten Haaren, Buffalos und tighten Trainingsjacken.
Nein, die Besucher des Konzerts waren ein bunt gemischtes Völkchen, wobei der
Löwenanteil der Crowd Baggypants trug, Nike Air Force One und dicke Sweater.
Aufgelockert wurde dieses Rappublikum durch normale Berufstätige, die direkt aus
dem Büro zum Konzert gekommen sind, sowie musikbegeisterte Allrounder. Das
Altersspektrum reichte von zarten 14 bis stolze 40. Selbst einige Niederländer waren
extra wegen Kanye angereist. Einer von Ihnen war nicht nur Zuschauer, sondern Teil
der Vorband. Die Vorband rockte einfach. Sie begeisterte die Fans in der Halle,
obwohl sie lediglich aus einem kölner DJ „DJ Bo“ und einem holländischen MC „MC
Jeloh“ bestand. DJ Bo wechselte zügig die Instrumentals aktueller Rap- und
Raggasongs durch worauf der Niederländer seine Raps droppte. Bo nahm zeitweise
selbst das Mic in die Hand um Jeloh ein wenig zu supporten und den ein oder
anderen Vers zum Besten zu geben. Er konnte es vorzüglich und so verging die Zeit
bis Kanye kam wirklich schnell. Als die Vorgruppe die Bühne verließ war es etwa
21.00 Uhr und die Leute waren in einer entspannten Gute-Laune-Stimmung, einige
hüpften quietschvidel umher. Dann konnte man sich noch für etwa 30 Minuten
unterhalten – Pause.
Als das eigentliche Konzert beginnt, flackern die Scheinwerfer wild umher. Man wird
teils von Ihnen geblendet. Kanyes DJ betritt die Stage. Er trägt ein Ralph Lauren
Poloshirt, Kragen hochgestellt, elitär. Er verliert keine Worte, sondern geht zielstrebig
zu den 1210ern und legt seine Headphones an. Dann kommt ein weiterer Musiker,
der Kanye am Vitagepiano begleiten wird– er nimmt dort Platz.
Eine Druckwelle schallt aus den Speakern, Kanye stürmt die Bühne! Mit dem Louis
Vuitton Rucksack umgeschnallt und dem Mic in der Hand läuft er in die Mitte der
Bühne und feuert einige Raps ab. Zweifellos atemberaubend und mit hohem Tempo
beginnt er seine Show. Man fragt sich wie lange er dieses Tempo durchhalten kann –
er hält es das ganze Konzert lang durch, was etwas über eine Stunde dauerte.
Kanye beweist in dieser Zeit, dass er ein genialer Musiker und Entertainer ist, der es
auch versteht andere gut in Szene zu setzen. Manchmal unterbricht er einen
Raptrack unerwartet: „No, no play some o my RNB shit!“ Der DJ schaltet und spielt
eine RNB Platte. Man hat den Eindruck, dass Kanye sein Programm teils live
improvisiert wobei er den anderen Musikern auf der Bühne immer wieder neue
Impulse gibt, wie oder was sie spielen sollen. Einmal überlässt er seiner Band die
Bühne und für ihn kommt eine crazy aussehende Violinenspielerin. Der DJ scracht
einen Beat mit einer Kickdrum wozu die Frau mit der Geige eine Melodie spielt.
Diese Symbiose aus DJ und Geige löst sich letztlich in einen von Kanyes Songs auf.
Auch im weiteren Verlauf des Konzerts begleitet die Violine immer wieder Songs und
bringt so einen illen live Flavour hinein. Kanye ist stets der Protagonist, wobei seine
Band dennoch eine tragende Rolle spielt. Einmal lässt Kanye von seinem
Pianoplayer einige Songs spielen und begleitet ihn nur unauffällig mit ein wenig
Beatbox. Insgesamt entsteht so eine interessante Mischung aus hartem Rap, softem
RNB und live eingespielten Instrumenten. Einziger Kritikpunkt an dem Konzert: Das
Lied „Hey Mama“ welches man auf dem neuen Album findet, wurde als kleines
Preview angespielt, a llerdings ist es für meinen Geschmack überaus kitschig und
passte nicht zu dem sonst nach vorne gehenden Programm.
Abschließend muss ich sagen, dass dieses Konzert jeden Cent der ca. 25€ Eintritt
wert war. Ich fühlte mich durchgehend super unterhalten und obwohl ich Kanye West
vorher kaum kannte bin ich als Fan aus der Live Music Hall rausgekommen. Mir ist
mal wieder klar geworden, warum sich Hip Hop meistens in den USA
weiterentwickelt hat und nicht in Deutschland.
(Robert Classen, hochschulradio)