Konzertschau

Green, Adam & The Gnomes - Bochum, Bahnhof Langendreer
27. Februar 2005

Ich hasse die Deutsche Bahn! Immer wenn man irgendwo dringend hin muss, hat man nur Scherereien. Die Schererei am Sonntag Abend war eine der eiskalten Art: bei gefühlten –50 Grad standen wir ca. 40 Minuten (gefühlt drei Tage) auf dem Bochumer Hauptbahnhof in der Kälte herum und warteten auf die S 1, die uns zum Bahnhof Langendreer bringen sollte. Grund: Weichenprobleme zwischen Bochum und Dortmund. Fing ja schon mal gut an! Als die Bahn dann endlich kam und unsere Füße wieder auftauten (schließlich steht man vorher zu Hause immer vor der Frage: Die Stiefel oder die Turnschuhe? Und entscheidet sich naiverweise (Wird ja warm sein!) immer für die Turnschuhe) stellte sich auch wieder die Vorfreude auf den Abend mit Adam Green wieder ein. Schließlich war das Konzert seit Wochen restlos ausverkauft und die Karten bei ebay schon auf einem Level, bei dem man nur unverständlich mit dem Kopf schütteln kann.

Naja wenigstens hatte diese ganze Odyssee etwas Gutes: Wir kamen pünktlich zu den ersten Akkorden der Vorband „The Gnomes“ in den Bahnhof Langendreer, die auch später als Adam Green´s Band fungierten. In der Kürze liegt die Würze: Ich fand sie reichlich unspektakulär, irgendwas zwischen Folk, Blues und Pop. Langsam schwofte man sich ein und wartete auf den Hauptact.

Lange ließ er sich bitten, erst eine dreiviertel Stunde nach dem Support betrat der Mann, der die Popmusik retten soll, sofern man den Kritikern glauben mag, die Bühne. Oder besser gesagt tanzte auf die Bühne. Aber nicht ohne passende Auftrittsmusik. Wurde doch das Publikum auf Standhaftigkeit getestet, als er Michael Jackson´s "Heal The World" spielen ließ, als Anteilnahme mit Augenzwinkern versteht sich. Fast vier Minuten „Rettet die Welt“-Klänge vom King Of Pop, bevor der Meister der subtilen Texte – Achtung Augenzwinkern – uns endlich erlöste.

Beschwingt und mit erstaunlich guter Laune unterhielt er, ganz der große Entertainer, mit Zeilen, wie "Everybody´s talking about my penis – everybody´s touching my penis" und ließ die Leute schmunzeln. Immer wieder tänzelte er wie im Video zu „Emily“ über die Bühne, und das mit einer Grazie und dem Blick eines Rehs auf Drogen. Eines ist mal sicher: dieser Mann hat noch einiges vor sich. Auch wenn ich mich dem Urteil Adam Green sähe gut aus nicht anschließen kann, muss man doch neidlos anerkennen, das er auf der Bühne charmant und fesselnd ist. Obwohl die Vergleiche mit Frank Sinatra und Leonard Cohen noch zu beweisen sind, kann man ihm Charisma nicht absprechen. Die Hits "Emily" und "Friends Of Mine" (wir haben die Streicher vermisst) wurden direkt hintereinander verbraten, was aber das durchaus textsichere Publikum nicht störte. Apropos Publikum; eigentlich wollten wir an diesem Abend Brit-Popper-Frisuren und Adam Green-Look-a-likes zählen, wurden aber schmerzlich enttäuscht. Diese Fraktion war eher gering vertreten, wahrscheinlich waren die eher bei „The Killers“ in Köln anzutreffen. Die Mischung der Songs war gut gewählt. Alle Alben kamen gleichermaßen zum Zug, obwohl der Schwerpunkt natürlich auf der aktuellen Platte „Gemstones“ lag.

Nach einer guten Stunde verließ Adam Green die Bühne kehrte aber für mehrere Zugaben zurück. Leider entdeckte er aber auch die E-Gitarre für sich und nein, er kann oder will es nicht! Geschrammel, das in mir den Wunsch weckte: „Mach es tot!“ Aber was er an der E-Gitarre verbrach, machte er mit mehreren akustischen Nummern wieder wett, die er allein auf der Bühne, im Spot, für jeden Einzelnen im Publikum zu spielen schien. Teilweise war es ein Wunschkonzert, denn Adam Green aka „The human jukebox“ sprach gezielt Leute an, die sich einen Song wünschen sollten. So kam es zu einer großartigen Up-Tempo-Variante von „Babys Gonna Die Tonight“. Alles in allem nichts neues, was der junge Herr da zeigt, aber schließlich ist es Adam Green, an dem man zur Zeit nicht vorbeikommt und wie sagte meine Begleitung treffenderweise: „Es ist wahrscheinlich das letzte Mal, dass man ihn in so einem kleinen Rahmen sieht, bis er wieder out ist.“ Adam Green formulierte es so: "I´m scared of being underground" – das muss er sicherlich nicht mehr. Vielleicht sollte er eher "scared of being mainstream" sein.

Ach ja und auf dem Rückweg mussten wir natürlich wieder in der Kälte auf die Bahn warten, die diesmal 20 Minuten Verspätung hatte!

Sandra Zapke CT das radio

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