Konzertschau

Die Sterne - Schorndorf, Manufaktur
26. April 2006

Die Sterne - Ihre Ideen sind… Genital!

Früher waren sie (widerwillig) die Klassensprecher der Hamburger Schule. Seit 1991 erhellen sie schon den popintellektuellen Indie- Himmel, jetzt sind sie zurück. Mit neuem Album und dazugehöriger Tour. Die Sterne!

Auf ihrer „Räuber und Gedärm“- Tour durch Deutschland, Österreich und die Schweiz machten die Sterne auch in der Schorndorfer Manufaktur halt. Im Gepäck alte wie neue Songs, sowie die Hamburger Boy Group.
Diese drei als Opening-Act mitzunehmen war gewagt. Schließlich geht nicht alle Tage eine Indie-Band mit drei HipHop-Nerds Auf Tour. Obwohl man von ihnen als Boy Group vielleicht noch nicht so viel gehört hat, sind die drei einzeln dem aufmerksamen Hörer durchaus bekannt. The Boy Group setzt sich zusammen aus Christian Harder, dem Produzenten der Mediengruppe Telekommander, Viktor Marek, derjenige der Knarf Rellöm und 8 Doogymoto die harte Bassdrum näher brachte und schließlich Moritz Love, Sänger der Türen. Ohne Instrumente, dafür mit jeder Menge Technik ausgerüstet hatten sie die etwas undankbare Aufgabe der Publikums-Anheizer. Sie mischten fröhlich HipHop, Elektro und Pop mit jeder Menge Entertainment, wobei die Wortwechsel jedoch eher zwischen den drei untereinander als direkt mit dem Publikum erfolgten. Und so sehr sie sich auch bemühten, trotz einem Bass, der jeden tiefergelegten-Golf-Fahrer neidisch werden lässt, Live-DJ-Gefrickel und Tanzeinlagen im Publikum, wollte der Funke nicht so recht überspringen. Wohlwollend, aber nicht begeistert nickte das Publikum an den richtigen Stellen mit dem Kopf, hob vielleicht mal die eine oder andere Hand, ließ sich aber nicht zum Tanzen überreden.

Es könnte noch mehr knallen

Erst als Herr Spliker und seine Männer die Bühne betraten wurde das Publikum langsam warm. Altes wie Neues wurde gleichermaßen erfreut aufgenommen, wobei man den deutlich höheren Funk-Anteil der neuen Platte auch live stark hören und spüren konnte. Die neuen Stücke luden wirklich zum Tanzen ein, die älteren eher zum auf-und-ab-Springen. Die Sterne eröffneten mit „Es hat alles sein Gutes“ - dieser Titel passte irgendwie zum ganzen Abend. Zumindest, was die neuen Stücke betraf. „Es könnte noch mehr knallen“ trifft die Performance der neuen Platte ganz gut. Alte Stücke wie „Universal Tellerwäscher“, „Was hat dich bloß so ruiniert?“ und „Die Interessanten“ knallten Live einfach mehr, dafür klangen die neuen Songs fundierter, gefestigter, reifer. Die Sterne versuchten hier, zumindest manchmal, wirklich eine Botschaft rüber zu bringen. Auch experimentierten sie mehr, sei es mit Funk-Elementen oder elektronischen Spielereien. Da ist es ja klar, dass sich das Publikum in die neuen Sachen erstmal reinhören muss, bevor sie so richtig knallen können.

„Weiß hier jemand, wie Risikobiographie anfängt?“

Je später der Abend wurde, desto ausgelassener wurde das Publikum, was sich wiederum auf die Band und besonders Frank Spilker übertrug. Wirkte er am Anfang noch etwas distanziert, ja fast arrogant („Ich muss hier eigentlich auch nicht stehen und spielen..“), taute er im Lauf des Abends immer mehr auf und nahm sogar Text- und Gitarrenhänger bei „Risikobiographie“ mit Humor („Sagt mal, weiß hier jemand wie Risikobiographie anfängt? Ich hab den Text vergessen…“). Und diese kleinen Patzer sind es doch, die eine Band, die immerhin 14 Jahre Bühnenerfahrung hat, sympathisch macht, oder?

(Katharina Kurz, HoRadS)

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