Konzertschau

Chikinki - Dortmund, FZW
13. November 2007

Ungemütlich mutete der Abend an diesem 13.November an. Immer wieder aufkommende Regenschauer wuschen mit dem verfärbten Laub auch die letzten Erinnerungen an wärmere Tage des Jahres hinfort. Ein steifer Wind verkündete den herannahenden Winter und für Dortmunder Winter insbesondere bedeutet dies, dass es jetzt geschickter ist, sich so bald es eben geht ein heimeliges Plätzchen zum Unterstellen zu suchen. Das FZW machte an diesem Dienstagabend diesbezüglich eine ganz hervorragende Figur, waren doch „Chikinki“ gekommen mit ihrer neuen Platte die letzten Takte des Sommers noch einmal heraufzubeschwören.

Zunächst, es war kurz vor 20 Uhr, dem Einlasstermin, hieß es für Jungs erst einmal den Soundcheck hinter sich zu bringen. Die ersten Soundfetzen ihrer neuen Platte „Brace Brace“ drangen hinaus ins Foyer und machten Appetit. Schon bald wurde es still, die Pforten für die Besucher öffneten sich „Chikinki“ verließen recht unprätentiös die Bühne. Gelten sie doch nunmehr als alte Bekannte Dortmunds.
So wurde nicht nur seinerzeit das „Cosmotopia“ während ihrer „Kick It Like Chikinki“-Tour zur Fußballweltmeisterschaft aufs Feinste gerockt, auch auf dem „Juicy Beats“ konnten sie bereits glänzen. Jetzt hielten sie der eintretenden Supportband aus Münster ganz nett die Türen zur Bühne auf.

„Santiago How Come“ präsentierte sich nach kurzem Soundcheck dem FZW recht kantig. Die drei Jungs servierten avangardistisch-energetischen Gitarrenpunk mit reichlich verschrienen Texten. Konzentriert entluden sich die Songs von „Santiago How Come“ ins sich stetig füllende Publikum und waren dabei so schnell verklungen wie sie angestimmt wurden. Viel Raum für Arrangement oder Platz sich einzufühlen blieb da nicht. So verebbten die Aufforderungen des Sängers Torben doch ein wenig näher zu kommen oder zu tanzen doch Zusehens, nicht jedoch ohne dessen überspielte Schüchternheit zu offenbaren. Mit Skepsis beäugte das Publikum die drei Münsteraner, würdigten stillschweigend den herausragenden Drummer und ließen die Rockexperimente über sich ergehen ohne sich jedoch allzu sehr davon mitreißen zu lassen.
Der traditionellen Vorbandaufgabe dem Publikum einzuheizen, kamen „Santiago How Come“ zwar nicht nach, jedoch konnte man den Jungen ein gewisses Talent nicht absprechen, sie machten neugierig, wollten sich aber nicht so recht einfügen in den Konzertabend mit den Jungs aus Bristol.

Etwa gegen 21 Uhr wurde die Bühne in nebelig grünes Licht getaucht, „Chikinki“ traten empor und gingen gleichauf in die Vollen. „You Said“ ertönte, war unmittelbar vertraut und live noch einmal losgelöster und lebendiger als auf Platte. Nachdem sich der Nebel ein wenig verzogen hatte, wurde erst das ganze Ausmaß ihrer Außenwirkung offenkundig. „Chikinki“ waren fokussiert, radikal und einig wie wohl nie zuvor. Sänger, Rupert stand dabei über die ganze Zeit im Zentrum und zog die Fäden. Mit Hut, einem dandylike Halstuch und einer Körperhaltung, die einem Karel Gott entliehen hätte sein können, zeigte er sich als trashiges Herzstück hinter den Songs. Losgelöst ließen „Chikinki“ ,Synthies tanzen, Gitarren sich entladen und erhielten damit einen unheimlichen Drive, der sich vor allem in Stücken wie „Like It Or Leave It“ oder „Time“ manifestierte. Statt einspurigem Indie-Gitarren-Pop, zelebrierten die Engländer immer wieder auch jene Brüche in den Songs mit düster wirkenden elektronischen Einschüben. Die Dramaturgie hinter ihrer Musik trat in den Vordergrund und damit eben jene spezielle Nuance fern der Geradlinigkeit, die „Chikinki“ so unverwechselbar macht.
Facettenreich und doch ganz bodenständig zeigten sich die Jungs aus Bristol an diesem Abend als Kumpels, die nach dem Konzert auch noch genug Zeit für das ein oder andere Gespräch mit dem Publikum fanden.
„Chikinki“ bleiben sich also treu als Band zum Anfassen und Abhängen. Auch wenn draußen die Regenschauer tobten, so verstand man sich drinnen sehr gut darauf die Zeit locker zu nehmen mit Musik und Bier. (Michael Pagels, eldoradio*)

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