Es ist 20.30 Uhr am Sonntag, den 18.04.04. Ich stehe in der von blauem Licht durchfluteten Halle des FZW in Dortmund und warte darauf, dass der Support der Underground-Rapper von „Atmosphere“ auf die Bühne tritt. Der Beginn wurde groß mit 20.00 verkündet, doch noch regt sich, außer dem wenig motivierten DJ auf der Bühne, wenig. An der Kasse wird die Zeit auf 22.00 korrigiert, also weiter warten. „Promoe“ wird den Hauptact supporten. Hinter diesem Namen verstecken sich MC Promoe, MC Supreme und DJ Large, wobei der Erstgenannte einer der wortschwingenden Meister der HipHop-Kombo „Loop Troop“ ist.
Als sich nach einer weiteren Wartestunde hinter den Turntables Veränderung einstellte, stiegen beim Publikum die Erwartungen. Jetzt füllten sich auch die ersten Ränge vor der Bühne, um den Norwegern nahe zu sein. Und richtig, die Erwartungen wurden erfüllt: wenige Minuten später sprangen die beiden Sprachakrobaten auf die Bühne und die Show begann.
Eines muss im vorhinein geklärt werden, denn wer schon einmal Fotos von Promoe gesehen hat, wird sich vielleicht auch fragen, ob man wirklich solch wirsch gemachten Dreadlocks auf dem Kopf tragen kann. Die Antwort ist ja und es tut ihm keinen Abbruch trotzdem mächtig auf der Bühne abzugehen.
Nach wenigen Momenten hatten die Drei die Menge auf ihrer Seite und sahen sich vor einem Meer von wippenden Köpfen. Und als die ersten Hits ausgepackt wurden (ich sage nur „Bandit Queen“, im Original von „Loop Troop“), brach das Eis richtig. Hier war mal eine Show, wo das Publikum nicht nur auf den Main-Act wartete, sondern auch für die Vordergruppe gekommen war. Zu Promoes Truppe zählen eigentlich noch mehr Leutchen. Deshalb brachte auch DJ Large mal seinen Kiefer auseinander, um die beiden Rapper im Vordergrund stimmlich zu unterstützen, ohne dabei die Beats zu vernachlässigen!
Promoe sorgten für die richtige „Atmosphere“. Doch dann, nach einer kurzen Pause, ging es wirklich los und ab. Das Licht verdunkelte sich und langsam kam ein vermummter Mann hinter den Plattenspielern zum Vorschein. Nachdem er zwei Vinyl aufgelegt hatte, begann sein phättes Intro - 5 Minuten „DJ-ing“ pur heizten dem Publikum erst einmal ein, bevor die restliche Crew der US-Rapper auf die Bühne trat. Dass diese mit einem dicken „Noise“ empfangen wurden, war dann schon klar.
Das Programm von „Atmosphere“ sorgte anfangs nicht für große Überraschungen, aber nach einer gewissen Zeit hauten sie etwas Besonderes raus: Die Jungs sind anscheinend nicht der normale „halbe Dollar“-Verschnitt amerikanischer Hip Hopper. Hier wird auch mal eine deftige Gitarre in den Beat eingebaut oder etwas ohne untergelegtem Rhythmus gesungen. Diese Einlagen kränkelten allerdings manchmal an der gesanglichen Ausbildung der Rapper. Die Zuhörer störte das jedoch wenig und sie feierten ihre Helden kräftig.
Für mich war der Höhepunkt der Show, als DJ Mr. Dibbs einen Crossover aus „Killing In The Name Of“ von „Rage Against The Machine“ mit Beats aus seinem Genre und dem Sprechgesang der beiden Frontmänner machte. Jetzt war die Menge endgültig nicht mehr zu halten und selbst einer der beiden Rapper mischte sich unter die pogenden Fans. Nach diesem Erfolg erlaubte sich der andere Frontmann eine etwas längere Kritik-Rede in „hochamerikanisch“ über die Regierungsform in den USA und vor allem über George W. Bush. Passt das nun wirklich zu einem HipHopJam in Dortmund? Als er dann auch noch offenbarte, dass die Jugendlichen in seinem Heimatland kritisch auf seine Worte reagierten und ihn dafür nicht feierten, kam eine etwas seltsame Stimmung auf. Was für einen Zweck hat solch eine Rede, mit welcher Absicht führt sie einer? Vielleicht sehe ich das in diesem Rahmen aber auch zu kritisch, da die Crew danach weiterrockte und die Leute weiter zum Kochen brachte.
„Schaut mich an, wie ich schwitze! Ich will, dass ihr auch so ausseht!!“ Keine Sekunde wurde gezögert. Nach zweieinhalb Stunden HipHop kam MC Slug dann von seiner Bühne herunter, um sich bei den Anwesenden zu bedanken. Er ging wirklich herum und reichte einem Großteil der 200 Anwesenden die Hand und wechselte ein paar Worte mit ihnen. Abgehoben oder unnahbar war er also definitiv nicht! Hiermit ging der nicht gerade unspektakuläre Abend zu Ende. Lohnen tut sich ein Besuch bei diesen beiden Combos also auf jeden Fall!
(Cornelius Kämmerling, eldoradio*)